Die Barbarahütte in
Köpprich
Erschienen in Neuroder
Heimatblätter, Jahrgang 1924
von C. Schlums, Köpprich
/ eingereicht von Bernhard Grolms und Ergänzungen hinzugefügt.
Ende März 2018 erhielt ich einen
Maxibrief von Charlotte Tetzlaf geb. Pohl aus Volpersdorf mit vielen Berichten
als „Neuroder Heimatblätter“. Das sind besonders wertvolle Dokumente! Die
Schreibweise wurde unverändert übernommen.
Die
Kolonie Köpprich, zu Volpersdorf gehörig, zählt heute etwas über 900 Einwohner.
Sie verdankt ihr Wachstum dem Bergbau. Ganz besonders fördernd aber für die
Entwicklung Köpprichs, war ein auf dem Bergbau fußendes Unternehmen, die
Barbarahütte. Die älteren Ortseingesessenen erzählen aus jener Zeit, wo sie als
selbständiger Betrieb bestand, als einer Glanzzeit Köpprichs. Es verlohnt sich
daher wohl der Mühe und ist sicher nicht uninteressant, die Lebensgeschichte
dieses Werkes in grossen Zügen kennen zu lernen.
Nach
dem Dokument, das bei der Grundsteinlegung der Barbarahütte eingemauert worden
und das uns in seinem hauptsächlichen Inhalte in Wedekird „Geschichte der
Grafschaft Glatz“ erhalten ist, gab die erste Veranlassung zur Entstehung des
Werkes der Geh. Oberbergrat von Kummer, nach ihm dann der Bergamtskalkulator
Lischke in Waldenburg. Am 9. Januar 1852 schloß der Steiger außer Diensten Adolf
Kneisel aus Hausdorf mit den Volpersdorfer Bauergutsbesitzern Josef Völkel,
Josef Schloms, Anton Schmidt und dem Köppricher Anteilbauer Anton Rother vor
dem Neuroder Notar Parisien einen Vertrag, wonach er berechtigt war, sämtliche
auf Ihren Grundstücken vorhandenen Eisenerze, mögen sie zu Tage liegen, oder
erst durch unterirdischen Bau herausgeschafft werden, zu gewinnen und zu
verbrauchen und zwar für die ganze Dauer des Vorhandenseins solcher Erze und
ohne Rücksicht darauf, in welcher Art und Gestalt sie vorkommen und gewonnen
werden. Als Entschädigung für die Klafter Eisenerze (108 Kubikfuß) wird 5 Silbergroschen gezahlt. § 4 besagt, daß
Steiger Kneisel berechtigt ist, seine
durch den Vertrag erworbenen Rechte auch „an Dritte, sei es auch an
Aktiengesellschaften zu cedieren“. Von diesem Recht hat Kneisel dem Berliner
Kaufmann Hitze gegenüber Gebrauch gemacht.
Hitze schloß dann mit beinahe
sämtlichen Rustikalen in Volpersdorf ähnliche Verträge ab.
1854 besuchte der Berghauptmann v. Carnall
mit dem Berggeschworenen Klose aus Neurode das Köpprichtal. Nach Berlin zurückgekehrt,
stellte er Hitze gegenüber dem Unternehmen gute Erfolge in Aussicht, da sich
auf den benachbarten Gruben nicht nur Brauneisenerz, sondern auch Toneisenstein
und Blakband vorfänden. Darauf entschloß sich Hitze die Hütte zu bauen und
gründete zu diesem Zwecke eine Gesellschaft. In den Jahren 1855 - 60 wurden
zwei Hochöfen und eine Gießerei erbaut. Nachdem die Fundamente gemauert und das
Beamtenhaus bereits mit dem Dachstuhl versehen war, fand am 6. Juli 1856 die
feierliche Grundsteinlegung statt. Nach der kirchlichen Weihe durch Pfarrer
Pollag, Volpersdorf und den üblichen drei
Hammerschlägen wurde im Fundamente des einen Hochofens obengenanntes Dokument
durch den Schlußstein vermauert. Der Schlußstein trug auf der einen Seite die
Namen der Bauherrn und der Erbauer und auf der anderen Seite Datum und Namen
der Hütte. An dem Bau arbeiteten 300 Arbeiter. Die Maurerarbeiten wurden ausgeführt
von den Maurermeistern Schönfelder aus Neurode und Lauterbach aus Gabersdorf,
die Zimmerarbeiten von den Zimmermeistern Schönwähler und Wendler aus Neurode.
Der erste Leiter der Barbarahatte war der Kgkl. Hüttenobermeister Dilla.
Die Ausbeute an Eisenerzen
enttäuschte aber, sodaß nur kurze Zeit beide Hochöfen in Betrieb waren. Selbst
der Betrieb nur eines Ofens konnte nur dadurch aufrecht erhalten werden, daß
man noch Erze von Außerhalb bezog. Der Ofen lieferte dann täglich 200 Zentner.
Der Koks wurde in einigen Öfen an Ort und Stelle hergestellt. Für den Kupolofen
der Gießerei war er aber nicht geeignet. Man bezog diesen daher aus Waldenburg.
Als dann nach einem Wechsel in der Betriebsleitung durch wenig sachgemäße
Behandlung die Hochöfen einigemale „eingefroren“, wie der fachmännische Ausdruck heißt, wurde
das Unternehmen bald so unwirtschaftlich, daß der Hochofenbetrieb so um das
Jahr 1864 eingestellt wurde. Noch heute liegt unweit der Gießerei eine
riesengroße „Sau“ von vielen, vielen Zentnern (das ist der erstarrte untere
Inhalt des Ofens) aus Eisen und Schlacken bestehend, in der Erde vergraben.
Bald nach Eingehen des
Hochofenbetriebes ging das Werk in den Alleinbesitz des später hinzugetretenen
Aktionärs J. C. Freund in Berlin über. Es wurde nun in eine Maschinenbauanstalt
umgewandelt, welche sein Sohn E. H. Freund bis zum Jahre 1876 leitete. Zu Anfang
jenes Jahres verpachtete der Besitzer das Unternehmen an den Ingenieur Gustav
Stukkenholz aus Wetter an der Ruhr. Dieser vergrößerte das Werk, sodaß es jetzt
aus einer Gießerei, einer Schmiede mit Dampfhammer, einer Maschinenschlosserei
und einer Kesselschmiede bestand. Große Aufträge von der Graf Magnis'sehen
Grubenverwaltung der Rubengrube in Kohlendorf, welche damals unter Wasser
stand, ließen immer neue Arbeitskräfte Beschäftigung finden. Das Aufhören
dieser Bestellungen und größere Verpflichtungen im Westen Deutschlands zwangen
aber den Pächter, den Konkurs über sein Vermögen anzumelden.
Während zweier Jahre von 1878-80
ruhte der Betrieb vollständig. Dann verkauften die Freund'schen Erben die
Barbarahütte an Stadtrat Franz Gebauer in Charlottenburg. Dieser ließ zunächst
einmal die nach Einstellung des
Hochofenbetriebes angesammelten Eisenerze rösten. Die 60 % Eisen
enthaltenden Rostschlacken wurden nach Oberschlesien transportiert, was 40
Arbeitern und einer Anzahl Fuhrleuten, die die Erze nach Neurode zur Bahn
fuhren, Beschäftigung verschaffte. Die Maschinenbauanstalt kam wieder in Gang.
Das Rösten der Erze wurde aber fortgesetzt, zumal die hiesige Rudolfgrube die
Förderung von Eisenerzen wieder aufgenommen hatte. Die Grube konnte aber nur
die in ihrem Bereiche liegenden Eisenerze für sich fördern, während sie die
anderen nach dem obengenannten Vertrage des Steigers Kneisel und den
Hitze'schen Verträgen eine bestimmte Förderentschädigung an den Besitzer der
Barbarahütte ablieferte. Am 4. Juni 1883 transportierte man einen in der Hütte
hergestellten Dampfkessel von einem Gewicht von 366 Zentnern nach Neurode zur
Verladung. Da man den Brücken auf dem Wege über Kunzendorf das Tragen dieser
Last nicht zutraute, zogen 20 Zugtiere den eigens für den Transport von
Dampfkessel eingerichteten Wagen durch Volpersdorf und Buchau. Das geschah
noch auf der sogenannten alten Kohlenstraße zwischen Köpprich und Volpersdorf,
welche sich dicht am Gebirge hinzieht und in Ober-Volpersdorf mündet. Erst
1885 wurde mit der Anlage der heutigen Kunststraße begonnen, die einen
Kostenaufwand von 30.000 Mark verursachte, wozu die Barbarahütte 3.000 Mark
beitrug. 1887 war sie vollendet. Die Barbarahütte, und damit auch Köpprich,
verzeichnet jetzt einen raschen Aufstieg. Besondere wurden nun Maschinen für
die Textilindustrie hergestellt, wie Kalander, Mangeln, mechanische Webstühle
usw. Die Köppricher Maschinen wanderten zu jener Zeit bis nach Österreich, Italien,
Finnland, Spanien, Dänemark und Schweden.
Das Ortsbild Köpprichs wurde durch
den Bau vieler Beamten-und Arbeiterhäuser verändert. 1890 trug man, um
Material zu diesen Bauten zu gewinnen, die beiden Hochöfen ab. Neben der Hütte
wurden vom Besitzer eine Waldparzelle erworben und in einen Park umgewandelt.
(Heute sind die Bäume geschlagen.) In der Schule Köpprich befinden sich noch 2
Photographien von der Barbarahütte zur Zeit als die Hochöfen noch standen.
Im
Jahre 1894 wurde das Unternehmen mit elektrischem Licht versehen. 4 Bogenlampen
und 100 Glühlampen lieferten die nötige Beleuchtung. Das Werk arbeitete nun in
Tag- und Nachtschicht. Die Belegschaft stieg auf 350 Arbeiter und 15 Beamte,
darunter auch Ausländer. Auf Kosten des Besitzers war auch eine
gewerkschaftliche Fortbildungsschule eingerichtet worden, an welcher an 2
Wochentagen von 6-8 Uhr abends Unterricht durch den hiesigen Lehrer und
Sonntags 2 Stunden Zeichnen durch einen Fachmann erteilt wurde. Der Plan, einen
Gleisanschluß an die Eulengebirgsbahn bei Volpersdorf zu schaffen, scheiterte,
da die Grube vorzog, ihre Kohlen auf einer Drahtseilbahn nach Kohlendorf an die
Staatsbahn zu befördern.
1898
verkaufte Gebauer die Barbarahütte an die Neuroder Kohlen-und Thonwerke, jedoch
ohne die Maschineneinrichtung.
Er
führte dann den Betrieb
noch bis zum 1. 0ktober 1900 pachtfrei weiter. Während dieser Zeit aber
verringerte sich bereits das Beamten- und Arbeiterpersonal des Werkes. Die
Eisengießerei übernahm am 1. April 1900 pachtweise der Ingenieur Ernst Giersch
aus Hamburg
(ein gebürtiger
Wüstegiersdorfer) und beschäftigte darin etwa 40 Arbeiter. Am 1. Oktober 1900
stellte Firma Gebauer den Maschinenbaubetrieb ein und baute die Maschinen ab,
um sie in dem Hauptwerk der Firma in Charlottenburg aufzustellen. Die Gewerkschaft der Neuroder Kohlen-
und Thonwerke richtete in den Räumen eine Reparaturwerkstatt für ihre Gruben
ein. Der Pächter der Gießerei geriet schon im September 1902 in Konkurs,
wodurch wieder Arbeitskräfte von Köpprich wegziehen mußten, um anderweitig
Beschäftigung zu suchen. Die Reparaturwerkstatt beschäftigte nur etwa 20 - 30
Arbeiter. Nachdem die Belegschaft wieder auf 3 Beamte und ungefähr 70 Arbeitet
gestiegen war, hat die zur Zeit schlechte Wirtschaftslage auch bei Barbarahütte
einen starken Rückgang bewirkt. Heut ist die Hütte wohl kaum noch ein wichtiger
Faktor für die Ortsentwicklung zu nennen. Das Schwergewicht in dieser Beziehung
lieg-t jetzt auf der hiesigen
Rudorfgrube. Das Lebensschicksal der Barbarahütte hätte sich aber in seine
letzten Teile ganz anders gestaltet, wenn sich der Gleisanschluß an die
Eulengebirgsbahn hätte verwirklichen lassen.
Und
jetzt folgt eine Fortsetzung der Geschichte der Barbarahütte.
Mein Vater Wilhelm Grolms hatte 1927
eine 4-jährige Schmiedelehre hinter sich, die er beim Ruffert-Schmied in
Neurode absolviert hatte. Sein Vater musste damals noch „Lehrgeld“ bezahlen,
obwohl von morgens um sechs bis abends um sechs Arbeitszeit war.
Nach
erfolgter Lehre konnte er bei der Barbarahütte anfangen. Es herrschte
Arbeitslosenzeit und das wurde auch ausgenutzt. Der Akkord wurde ständig
hochgesetzt. In Gruppenarbeit wurden Förderkörbe für die Gruben hergestellt.
Aber er bekam sein Lohn und hatte das erste mal selbstverdientes Geld in der
Hand.
Später wurde er in der Schmiede
eingesetzt und bekam eine Ausbildung zum Elektroschweißer. An Wochenenden waren
oft Reparaturen an der Seilbahn nach Kohlendorf notwendig.
Nach
dem Zusammenbruch 1945 übernahmen die Polen den Betrieb. Der deutsche
Betriebsleiter Friedrich Krüger geb. 1892 in Rosenthal wurde abgesetzt und ein
polnischer Direktor namens Jagosz war Chef und der Stellvertreter Rudolf Konitzny
geb. 1902 in Gleiwitz, von Beruf Steiger hatte das eigentliche Sagen. Rudolf
Konitzny hatte die Parole ausgegeben: „Wer glaubt, dass er abhauen kann, den
lasse ich vom Glatzer- Finanzamt wieder abholen.
Nachfolger von Rudolf Konitzny
wurde in den 50er Jahre der Pole Gonzor, der im ehemaligen Wachmeisterhaus in
Volpersdorf wohnte.
Laut Beschluss der Siegermächte,
durften die Polen die deutschen Fachkräfte bis 1950 und dann nochmal fünf Jahre
für eine reibungslose Übergabe festhalten. Der Lohn war die ersten fünf Jahre um
25% gekürzt, wegen Wiedergutmachung durch den Krieg.
Bis 1950 wurde die Belegschaft bis
auf 12 (13) deutsche Fachleute
reduziert. Diese zwölf Deutschen hatten den Spitznamen „Die zwölf Apostel“.
Jedem Deutschen wurde ein Trupp Polen zugestellt. Die Verantwortung mussten die
Deutschen übernehmen. Falls etwas schief
lief, wurde es als „Sabotage“ eingestuft. Die Hütte war für die Gruben
Köpprich, Schlegel und Kohlendorf und die Seilbahn zuständig. Damit die Gruben
immer am Laufen blieben, war es erforderlich, dass Überstunden und Sonn- und
Feiertage als normale Arbeitstage galten.
Die zwölf (13) Facharbeiter waren:
1.
Blaschke,
Richard: geb. 13.10.1899 in
Köpprich, Beruf: Schmied
2.
Bleil,
Franz: geb.
18.05.1905 in Volpersdorf, Beruf: Schlosser
3.
Blech,
Adolf: geb.
24.09.1889 in Wünschelburg, Beruf: Dreher
4.
Grolms,
Wilhelm: geb. 30.11.1908 in
Volpersdorf, Beruf: Schmied u. E-Schweißer
5.
Großpietsch,
Gerhard: geb. 16.06.1923 in
Volpersdorf, Beruf: Fräser und Schlosser
6.
Großpietsch,
Paul: geb. 30.11.1898 in
Volpersdorf, Beruf: Schlosser
7.
Leffler,
Hans: geb.
24.07.1911 in Breslau, Beruf: Former und Gießer
8.
Leffler,
Theodor: geb. 09.01.1884
in Hausdorf,Beruf: Modelltischler
9.
Meichsner,
Ernst: geb. 15.12.1904 in
Walditz, Beruf: Schmied
10.
Pohl,
Max: geb.
17.11.1907 in Volpersdorf, Beruf: Schlosser
11.
Schölzel,
Wilhelm: geb. 15.03.1891 in
Langenbilau, Beruf: Materialausgabe
12.
Strauch,
Paul: geb. ? aus Kunzendorf, Beruf: Schlosser u. Schweißer
13.
Weitz,
Ernst: beb.
03.01.1907 in Volpersdorf, Beruf: Schlosser
(nach
dieser Aufstellung sind es dreizehn)
Mitte
der 50er Jahre wurde noch ein paar junge Deutsche eingestellt.
Das
waren: 1. Grolms, Manfred: Beruf: Schlosserlehre
2. Hoffmann,
Walter: Beruf: Angelernter Former
3. Leffler,
Christof: Beruf: Elektriker
4.
Meichsner, Bruno: Beruf: Angelernter
Schmied
5. Nitsche,
Walter: Beruf: Dreher
6. Nitsche,
Siegfried: Beruf: Schlosserlehre
7. Skacel,
Horst: Beruf: Angelernter Former u. Gießer
8. Zenker,
Heinrich: Beruf: Schosser
Einige
Polen hatten sich auch ganz gut eingearbeitet.
Als
dann ab 1957 die Möglichkeit bestand im Zuge der Familienzusammenführung als
Spätaussiedler die Heimat zu verlassen, haben das bis auf zwei Frauen getan,
diese hatten einen Polen geheiratet. Die Ausreise ging zu Verwandten in die DDR
bzw. BRD bzw. in Flüchtlingslager.
Als
die drei Seilbahnfachleute ausgereist waren, wurde die Seilbahn stillgelegt und
die Kohlen wurden mit LKWs nach Kohlendorf transportiert. Die Grube in Köpprich
und Schlegel wurden nach und nach stillgelegt, und somit war die Barbarahütte
ohne Aufträge.
Jetzt
soll ein französisches Unternehmen dort investiert haben und Schaltschränke und
Elektronikartikel in der ehemaligen Barbarahütte produzieren.